Standort als Teil des Arbeitgeberimages (1996)

Herbert Weber
Was haben Adidas, Bertelsmann und Mars Deutschland gemeinsam? In der Regel werden sich dort nur sehr wenige Kandidaten primär auf Grund des schönen Standortes (Herzogenaurach, Gütersloh, Viersen/Verden) bewerben.
Der Standort eines Unternehmens hat einen immer größeren Einfluss auf die Arbeitsplatzwahl. Schön für die Arbeitgeber, die in München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt Standorte haben. Was machen aber die Arbeitgeber, die (vermeintlich) nicht mit einem so attraktiven Firmensitz gesegnet sind?

Zur Wichtigkeit und Möglichkeiten eines Standortmarketing spreche ich hier mit Herbert Weber, dem Geschäftsführer der OstWestfalenLippe GmbH.

Tim Verhoeven: Sie beschäftigen sich seit einigen Jahren mit dem Thema Standortmarketing. Wie kamen Sie genau zu diesem Thema?

Herbert Weber: Die Anfänge gehen ins Jahr 1989 zurück. Führende Köpfe der Wirtschaft wollten das Image der Region OstWestfalenLippe (kurz OWL) verbessern. Schon damals ging es darum, OWL als attraktiven Standort zum Leben und Arbeiten darzustellen. 1993 sind dann die Gebietskörperschaften mit ins Boot gekommen und die OWL Marketing GmbH entstand – der Vorläufer der OstWestfalenLippe GmbH.

Tim Verhoeven: In vielen Unternehmen ist in den letzten 5 Jahren das Bewusstsein dafür gewachsen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Wie hat sich dadurch ihre Tätigkeit in den letzten Jahren verändert?

Herbert Weber: Immer mehr Unternehmen kommen verstärkt auf uns zu. Sie wollen in der Regel auf die Attraktivität des Standorts bauen, aber wissen nicht genau, wie dies kommunikativ schaffen sollen. Besonders möchte man in der Regel Faktoren wie  Familienfreundlichkeit, Freizeitwert und Kultur hervorheben. Unsere Aufgabe ist es, die Vorzüge der Region OstWestfalenLippe auf diesen Feldern zu kommunizieren. Wir halten  entsprechend auch Infomaterial bereit und machen die Region mit Projekten wie „it’s OWL“ attraktiver.

Tim Verhoeven: Sie sind zuständig für die Vermarktung der Region OstWestfalenLippe – Welche Vorteile hat aus Ihrer Sicht diese Region und wie kann man sie vermarkten?

Herbert Weber: Ich sehe die Vorteile in zwei großen Bereichen: erstens im Bereich der Wirtschaft, denn dort glänzt die Region durch eine hohe Branchenvielfalt und Innovationskraft – deutlich u. a. im Spitzencluster it’s OWL. Unsere Region ist aber auch wirtschafltlich geprägt durch eine ausgeprägte Nachhaltigkeit durch die vielen mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen und zahlreiche Hidden Champions.
Die zweite Stärke der Region OstWestfalenLippe liegt im Bereich Wissenschaft: aufstrebende Hochschulen, enge Vernetzung Wirtschaft-Wissenschaft.
Diese beiden Säulen werden umrandet von einer lebendigen Kulturszene, einem hohen Freizeitwert und einer hohen Lebensqualität.

Tim Verhoeven: Wie hat sich der Stellenwert von Standortmarketing – speziell mit Blick auf die Arbeitgeberattraktivität in den letzten Jahren verändert?

Herbert Weber: Die regionale Ebene gewinnt immer mehr an Bedeutung. Arbeitgeber schauen immer stärker auf den Unternehmensstandort. Deswegen versuchen sich viele Orte auch stärker als Teil einer starken Region zu profilieren. Dort konkurrieren wir mit Metropolregionen.
Es gibt aber auch klare Lerneffekte, welche zum Teil stattgefunden haben, zum Teil noch stattfinden müssen: Man muss seine traditionelle Bescheidenheit ablegen und Stärken der Region offensiver vermarkten. Wir hoffen, dass wir noch mehr Unterstützung bekommen, denn nur als starkes Bündnis aller Teilnehmer einer Region kann man eine Region stark positionieren.

Tim Verhoeven: Gibt es Städte oder Regionen, die es aus Ihrer Sicht besonders erfolgreich geschafft haben, sie als attraktiver (Arbeits-)Standort zu positionieren?

Herbert Weber: Das zweifellos bekannteste Beispiel ist Baden-Württemberg mit seinem Slogan „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“. Das Bundesland hat teilweise vergleichbare Strukturen wie wir (viel inhabergeführter Mittelstand, viele Hidden Champions) und hat sich sehr gut positioniert.