Quo vadis Trainee-Siegel? Interview mit Ralf Junge

Ralf Junge, Absolventa GmbH

Vor 4 Monaten war der Startschuss für das Trainee-Siegel. Es wurden 29 Unternehmen ausgezeichnet, welche sich zu fairen und karrierefördernden Trainee-Programmen bekennen und ihre eigenen Programme entsprechend gestaltet haben. Die Grundlage für das Trainee-Siegel ist die „Charta karrierefördernder und fairer Trainee-Programme“. Nach 4 Monaten ist es Zeit für ein Review und einen Ausblick. Dafür hat sich Ralf Junge von Absolventa für ein Interview bereit gestellt.

Ralf Junge ist zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Absolventa und hat an der Kooperation für die Charta für fairen und karrierefördernden Trainee-Programme (kurz Trainee-Siegel) mitgearbeitet.

Tim Verhoeven: Deutschland ist als Standort nicht unbedingt für schlechte Arbeitsbedingungen bekannt – Warum ist trotzdem ein Qualitätsstandard, speziell für Traineeprogramme,  sinnvoll?

Ralf Junge: Wir haben festgestellt, dass bisher keinerlei Standards für Trainee-Programme existieren, es gibt nicht einmal eine einheitliche Definition des Begriffes. Dementsprechend breit gefächert ist auch die Gestaltung der Ausbildungsprogramme. Es gibt Unternehmen, die nehmen die Nachwuchsförderung sehr ernst und engagieren sich dafür. Es gibt aber leider auch Unternehmen, die zweitklassige Einstiegsprogramme oder sogar Aushilfstätigkeiten als Trainee-Programm ausschreiben. Daher haben wir die Initiative für karrierefördernde und faire Trainee-Programme ins Leben gerufen und zeichnen hochwertige Programme aus, um Berufseinsteigern eine Orientierung bei der Wahl des passenden Unternehmens zu geben.


„Wir haben diverse Missstände bei 
vielen Trainee-Programmen festgestellt“


TimVerhoeven: Vor 4 Monaten haben Sie gemeinsam mit der SZ und der LMU erstmalig die Auszeichnung für karrierefördernde und faire Trainee-programme an 29 Unternehmen verliehen. Wie genau ist die Entstehungsgeschichte des Trainee-Siegels?

Ralf Junge: Wir haben diverse Missstände bei vielen Trainee-Programmen festgestellt und haben uns darauf mit Prof. Dr. Ingo Weller vom Lehrstuhl für Personalwirtschaft der LMU München und der SüddeutschenZeitung sowie 10 Unternehmen zusammengesetzt und grundlegende Qualitätsmerkmale für hochwertige Trainee-Programme erarbeitet. Diese wurden dann in der Charta für karrierefördernde und faire Trainee-Programme verschriftlicht.

Verleihung des Trainee-Siegels an die ersten 29 Unternehmen am 07.12.2011 in Berlin


Tim Verhoeven: Welche Kriterien muss ein Unternehmen bzw. ein Trainee-Programm erfüllen, damit es ausgezeichnet wird?
Ralf Junge: Trainee-Programme sollten unbedingt im Rahmen von Talent- und Nachwuchsförderungsprogramme durchgeführt werden – das heißt, den Trainees sollte ein Mentor zu Seite stehen, der bei Fragen und Problemen hilft. In ihrer täglichen Arbeit sollten Trainees verantwortungsvolle Tätigkeiten und auch eigene Projekte übernehmen, um zu lernen und sich zu entwickeln. Das sollten sie auch in verschiedenen Unternehmensbereichen tun können, um die vielfältigen Aufgabenbereiche eines Unternehmens kennenzulernen. Parallel dazu sollten den Trainees begleitende Lernmaßnahmen geboten werden, wie Seminare oder Workshops. Außerdem sollten die Vergütung und Dauer der Programme in einem sinnvollen Verhältnis zu den Lerninhalten stehen. Vorher definierte Entwicklungsziele geben den Trainees während der Dauer der Programme eine gute Orientierung. Evaluierungsmaßnahmen sollten die Qualität der Trainee-Programme sicherstellen und Unternehmen auch die Möglichkeit für Optimierungen geben.

„Wir haben eine anonyme Beschwerdestelle eingerichtet,
wo man Verstöße gegen unsere Charta melden kann“

 

Tim Verhoeven: Wie gewährleisten Sie dort eine Transparenz?

Ralf Junge: Die Unternehmen bekennen sich zur Einhaltung dieser Punkte, indem sie die Charta unterschreiben und einen Fragebogen zu unseren Proof Points, den erarbeiteten Qualitätsmerkmalen, ausfüllen. Gemeinsam mit der LMU prüfen wir diese. Außerdem haben wir eine Beschwerdestelle eingerichtet, bei der die Trainees anonym Unternehmen melden können, die gegen die Punkte der Charta verstoßen. Damit gewährleisten wir die Einhaltung der einzelnen Punkte.

Tim Verhoeven: Warum haben Sie bei den Kriterien keine „härteren“ Faktoren?

Ralf Junge: Es ist schwierig, einheitliche Kriterien übergreifend für alle Unternehmen zu definieren. Die Unterschiede sind insbesondere zwischen KMU (Klein- und mittelständische Unternehmen) und Konzernen sehr groß. Unser Ziel ist es, einen Grundkonsens über Ablauf und Organisation von Trainee-Programmen zu erzielen und diesen als Grundlage für weitere Entwicklungen zu nutzen. Die Arbeit der Initiative verstehen wir als einen Entwicklungsprozess und werden mit den teilnehmenden Unternehmen weitere Inhalte und Definitionen erarbeiten.

Das „Trainee-Siegel“

Tim Verhoeven: Was sind Ihre Pläne 2012 für das Trainee-Siegel?

Ralf Junge: Immer mehr Unternehmen melden sich bei uns und beantragen die Auszeichnung. Wir werden im Herbst diesen Jahres eine Tagung organisieren, bei der alle Unternehmen der Initiative zusammenkommen und sich austauschen können. Wir werden verschiedenen thematische Workshops anbieten, um gemeinsam weitere Inhalte und Standards zu erarbeiten. Außerdem werden wir die Trainees stärker in die Arbeit der Initiative einbeziehen. Wir streben auch Kooperationen mit Verbänden an und sind hierfür bereits in Gesprächen. Es wird also ein spannendes Jahr.

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