Flexibilität oder Agilität sind gern genutzte Buzzwords im Recruiting. Meist jedoch als gewünschtes Bewerber/innen-Attribut und seltener bei der Betrachtungsweise mit Blick auf uns selbst. Die Krise hat uns gezeigt, wie schnell sich die Recruiting-Landschaft verändern kann. Von jetzt auf gleich müssen wir stark auf die Bremse treten – nur um im nächsten Moment wieder Vollgas zu geben. Um auf so volatile Marktsituationen besser eingehen zu können und zukunftsorientierter zu agieren, müssen wir uns langsam damit beschäftigen, unsere Recruiting-Organisationen zu agilisieren.

Was versteht man unter agilem Recruiting:

Hierbei geht es mir nicht um eine wissenschaftlich korrekte Definition, sondern um einen praxisorientierten Ansatz. Ein agiles Recruitingmodell oder eine agile Recruiting-Organisation hat sämtliche Prozesse, Arbeitsweisen und Partner darauf ausgerichtet, ohne größere Herausforderungen das Recruitingvolumen sehr stark zu reduzieren oder dieses auch ansteigen zu lassen innerhalb kurzer Zeit. Idealerweise werden alle Maßnahmen, Tools und sonstige Ideen von Anfang an auf eben diese Skalierbarkeit geprüft.

Bei der Betrachtung einer zukunftsfähigen Form unseres Recruitings sollten wir das Augenmerk auf drei Dimensionen lenken, die uns entscheidend einer flexibleren und agileren Arbeitsweise näher bringen können. Ich nenne die drei Dimensionen die 3 Ps des agilen Recruitings.

  • Prozesse: Hierunter fallen interne Prozesse, Service Level Agreements, KPIs als auch Tools.
  • Personal: Hierbei geht es um die Anforderungen an das eigene Personal, als auch um die Form der Anstellung.
  • Partner: Dabei handelt es sich um sämtliche Kooperationspartner oder Dienstleister.

Bei allen drei Dimensionen geht es darum herauszuarbeiten, welchen Einfluss sie auf ein möglichst agiles Recruiting haben und was man ganz konkret optimieren sollte innerhalb dieser drei Dimensionen.

Prozesse:

Typische Herausforderungen liegen darin, dass die meisten Prozesse im Recruiting in der Regel nicht gut skalierbar sind, weil wenig Automatisierung vorliegt und viele Prozesse personalintensiv sind. Dies hängt häufig mit der richtigen Wahl von Tools und Methoden zusammen. Mittlerweile gibt es jedoch genug Lösungen hierfür. Ein Beispiel sind online Assessments, wie bereits Jo Diercks in seinem Beitrag ausgearbeitet hat. Diese ermöglichen es, Personalauswahl skaliert anzugehen. Algorithmen, Bots und andere technischen Helfer (ich verzichte hier bewusst auf den schwammigen Begriff der Künstlichen Intelligenz) können hier maßgeblich zu mehr Agilität beitragen.

Auf der anderen Seite gilt hier auch die Regel, dass ich nicht nur agile Prozesse benötige, sondern auch die Änderung meine Prozesse agil vonstatten gehen sollte. In der Praxis bedeutet dies, dass die agile Recruiting-Organisation für verschiedene Skalierungs-Szenarien verschiedene Prozesse hat. Beispielsweise mal komplexer (wenn weniger Bedarf ist) und mal einfacher (wenn höherer Bedarf ist).

Personal:

Auf der einen Seite benötigt man Mitarbeiter, die gewohnt beziehungsweise fähig sind in agilen Organisationen zu arbeiten. Dies bedarf einem gewissen Mindset und dem Willen, sich flexibel auf immer neue Situationen einzulassen.

Auf der anderen Seite sind flexible Arbeitszeitmodelle wichtig für mehr Agilität. Arbeitszeitmodelle, die es unkompliziert und unbürokratisch ermöglichen, die Arbeitszeiten kurzfristig den Bedürfnissen anzupassen. Ergänzt sollten diese Modelle mit flexiblen Arbeitskräften, wie Freelancern oder Zeitarbeitskräften, die bei Bedarf auf- oder abgebaut werden können.

Partner:

Auch bei der Wahl seiner Kooperationspartner und Dienstleister sollten die Weichen für agiles Arbeiten gestellt werden. Dabei geht es auch um Vertragsmodalitäten. Agile Dienstleister ermöglichen es von jetzt auf gleich sich stetig dem verändernden Recruitingbedarf anzupassen. Wie dafür gemacht sind Performance basierte Recruitingmodelle – da sie in der Regel deutlich flexibler sind. Darunter fallen unter anderem sogenannte Cost-per-Click Modelle, wie bei Google oder Indeed. Im Gegensatz zu unflexiblen Cost-per-Duration Modellen, wie bei klassischen Jobbörsen, ist man hier bei der Nutzung seiner Mittel nicht an den Faktor Zeit gebunden. Insbesondere in der aktuellen Krise sind viele Unternehmen auf ihren Jahreskontingenten sitzen geblieben.

Fazit:

Agilität ist kein Hexenwerk. Auch nicht im Recruiting. Wir müssen uns zwangsläufig damit auseinandersetzen, dass wir mehr Agilität benötigen. Dies schaffen wir, indem wir unsere Prozesse entsprechend optimieren. Hier sind uns vor allem neue Technologien sehr gut behilflich. Daneben müssen wir unseren Mitarbeitern das richtige Mindset mitgeben, damit sie Agilität auch leben können. Zu guter Letzt müssen wir auch mit Dienstleistern zusammenarbeiten, die uns diese Agilität ermöglichen.

Dieser Beitrag ist Teil meiner Blogparade zum Thema „Recruiting Learnings durch Corona“