Nachdem ich bereits vor wenigen Wochen in meinem ersten Teil meines Gruppeninterviews „Über Personalberater: Teil 1“  mit Ina Ferber (Geschäftsführerin von Ferber Personalberatung), Henrik Zaborowski von humancircus und Stefan Scheller von DATEV auf die verschiedenen Sichtweisen auf „Personalberater“ eingegangen bin, folgt nun zweite Teil. Alle drei Interviewpartner sind ausgewiesene Experten im HR-Bereich und haben alle uterschiedliche Berührungspunkte zum Thema Personalberater

Heute geht es um Differenzierungsmerkmale unter Personalberatern und eine allgemeine Betrachtung des Geschäftsmodells. Viel Spaß beim Lesen.

Henrik, du bietest u.a. auch Direct-Search an – Woran kann ein Personaler erkennen, dass du dich positiv von anderen Dienstleistern abhebst?

Henrik Zaborowski: Grundsätzlich finde ich da eine allgemeine Aussage schwierig. Die Frage ist, mit wem ich mich vergleiche. Im Vergleich zu manchen Dienstleistern bin ich wahrscheinlich seriöser, verlässlicher, zu anderen hingegen fokussierter, kenne den Markt besser oder bin einfach günstiger/teurer. Es gibt mittlerweile so viele „Spielarten“, dass da eine allgemeine Aussage m. E. nicht möglich ist.

Deswegen würde ich so fragen: Woran erkenne ich einen für mich passenden Personalberater? Antwort: Das hängt von der Situation des Kunden ab. Bei einer generalistischen Managementposition ist das Finden und die Auswahl der Kandidaten nicht unbedingt soo schwierig. Da würde ich als Kunde darauf achten, ob ich mich als Unternehmen von diesem Berater positiv beim Kandidaten vertreten fühle.

Dann die Frage, welche Zusatzleistungen z. B. in Form von Eignungstest der PB anbietet. Ich würde ein Projektvorgehen vereinbaren mit regelmäßigen Status Calls oder Meetings. Transparenz ist ein großes Stichwort. Direct-Search ist keine black box, sondern nachvollziehbare Handarbeit. Und ich würde konkrete Referenzen erfragen und diese auch abtelefonieren. Suche ich dagegen zehnmal die gleiche Qualifikation (oft bei IT-Beratungen der Fall) dann würde ich darauf achten, dass der PB saubere, tool-gestützte Prozesse hat, die eine hohe Geschwindigkeit und „Massenverarbeitung“ ermöglichen.

Und ob es ein skalierbares Preismodell gibt. Bei einer Spezialistenpositionin einem sehr engen Marktsegment würde ich eher darauf achten, ob der PB den Markt kennt und einen Zugang hat. Da wären mir Zusatzleistungen egal, Fokus ist hier, überhaupt jemanden Passenden zu finden. Das lässt sich abfragen. Kennt der PB meine Wettbewerber, verfolgt er die Entwicklung des Marktes, hat er z. B. mitbekommen, dass bei meinem Wettbewerber der Umsatz eingebrochen ist oder ein anderer gerade eine neue Niederlassung aufmacht etc.. Das würde zumindest helfen bei der Suche. Je enger der Markt und gehobener Position kommt oft noch ein anderes Kriterium dazu: Manchmal müssen solche Position sehr „geheim“ besetzt werden, weil z. B. der Wettbewerb nicht mitbekommen soll, dass ich suche. Die Frage ist dann, ob ich dem PB zutraue, in diesem engen Markt zu suchen, ohne meinen Namen zu verbrennen. Das funktioniert am besten mit sehr guten Marktkenntnissen – und einer seriösen Persönlichkeit.

Ich habe das Gefühl, dass sich in Deutschland am Geschäftsmodell „Personalberatung“ in den letzten 10 Jahren nicht viel geändert hat. Woran liegt es eurer Meinung – an den Unternehmen oder den Personalberatern? 

Ina Ferber: Meiner Meinung nach fand die Innovation im Recruiting-Markt zumindest in den letzten 10 Jahren nicht in den Personalberatungen statt: Online-Jobbörsen und Soziale Netzwerke haben den Markt aufgemischt, gelegentlich auch Employer Branding-Agenturen. Mein Ziel ist es, diese Innovationen mit dem Personalberatungs-Ansatz zu verbinden. Deswegen habe ich speziell für mittelständische Unternehmen die Mini-Kampagne entwickelt. Instrumente des Employer Brandings und des Marketings, insbesondere das Storytelling, kommen dem Recruiting zugute. Und das für ein moderates Budget.

Stefan Scheller: Da muss man unterscheiden, denke ich. Was die Besetzung von Top-Management-Stellen angeht, so gebe ich Dir Recht. Hier wird oft noch sehr klassisch vorgegangen. Was unter anderem dazu führt, dass sich die HR-Kultur in deutschen Unternehmen nur langsam verändert. So lange die „Königsmacher“ im Hintergrund ihre Dienstleistung so standardisiert ableisten und wirtschaftlich professionalisiert den Gewinn im Blick behalten, werde sie keine Risiken eingehen und immer auf „sichere Bänke“ setzen. Mit einer enormen Auswirkung auf die HR-Arbeit der Kunden. Ein schönes Thema, das ich jüngst in einem Blog auf Persoblogger.de behandelt habe.Bei den kleineren Beratungen kamen in den letzten Jahren über die wachsende Anzahl von Online-Möglichkeiten (v.a. Social Networks, Datenbanken) eine Menge neuer Optionen dazu. Auch hat die Vielzahl von Anbietern dazu geführt, dass vor allem kleinere und mittlere Anbieter von Personaldienstleistungen Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten und sich an neue und innovativere Dienstleistungen herantrauen. Das mag zwar etwas aus der Not heraus geboren sein, hilft aber dem Markt.

Was haltet ihr von einem klassischen Pitch für Personalberater? 

Ina Ferber: Das kann funktionieren. Doch manchmal verhindern klassische Pitch-Situationen, dass individuelle, passende Lösungen erarbeitet werden. Statt zu pitchen setze ich mich lieber mit Personalleiter und Fachvorgesetztem an einen Tisch, stelle Fragen, höre zu und erarbeite mit den Beteiligten den optimalen Recruiting-Plan.

Henrik Zaborowski: Warum nicht? Wobei ich bei solchen Pitches oft verloren habe, weil ich zu ehrlich war. Wenn ich einen Suchauftrag aus verschiedenen Gründen kritisch sah oder schwer zu besetzen fand, dann habe ich das auch gesagt. Das hat meine Gegenüber immer sichtbar irritiert. Kollegen, die alles positiv fanden und immer sagten „das besetze ich ihnen, kein Problem“ sind in der Regel als Sieger aus dem Pitch gegangen.

Stefan Scheller: Sicherlich hat das Pitchen im Auswahlprozess einer Personalberatung seine Vorteile. Allerdings sollten Unternehmen das nicht übertreiben. Mir persönlich sind wenige vertraute, langjährige Partner lieber als ständig wechselnde Geschäftsbeziehungen.

Zu guter Letzt: Was zeichnet eurer Meinung nach einen erfolgreichen Personalberater aus? 

Ina Ferber: Zunächst liefert ein erfolgreicher Personalberater Ergebnisse: Er findet Kandidatinnen und Kandidaten, die qualifiziert sind, zum Unternehmen passen, dem neuen Arbeitgeber treu bleiben und gute Leistung bringen. Das kann nur ein Personalberater, der wirklich berät. Dazu gehört echtes Interesse für den Auftraggeber und an den Menschen in der Organisation. Die Zeit, um zuzuhören und die Fähigkeit, passend zu Unternehmenskultur und Anforderungsprofil Methoden (z.B. Anzeige, Direktansprache, Social Media-Kampagne, …) auszuwählen und optimal einzusetzen. Mehr dazu habe ich kürzlich in meinem Blog geschrieben: Wie wähle ich die richtige Personalberatung aus?

Henrik Zaborowski: Tja, eine philosophische Frage. Erfolgreich aus Sicht des Personalberaters sind vor allem die vertriebsstarken Berater. Die eigentliche Suche machen oft eh andere Personen. Wichtig ist erst einmal der Auftrag. Wenn der auch noch gut verhandelt ist, mit Drittelregelung etc. kann der PB die Korken knallen lassen. Egal ob er am Ende besetzt oder nicht. Wenn der PB natürlich 100% erfolgsabhängig ins Rennen geht, dann er ist er nur erfolgreich, wenn er auch wirklich die Stelle besetzt. Das kann an seinen Leistung liegen, an seiner Datenbank oder auch am Kunden.

Wirklich erfolgreich auch im Sinne des Kunden sind die Personalberater, die langfristig seriös und verbindlich arbeiten und nachweisbar systematisch den Markt bearbeiten. Seriös kann auch heißen, dem Kunden nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen und im Zweifel auch mal einen Auftrag abzulehnen (aber das machen die wenigsten). Auch der beste Berater kann nicht zu 100% eine Besetzung garantieren. Das muss dem Kunden klar sein. Aber wenn der Kunde das weiß und der Berater ihm Einblick gibt, was er schon alles unternommen hat, dann sollte das keinen Keil zwischen die Beziehung treiben. Ich kenne einige Berater, die ihre Kunden seit vielen Jahren betreuen. Das ist ein deutliches Zeichen von Qualität – und damit auch für Erfolg.

Stefan Scheller: Auch wenn mir hier recht viel einfallen würde, so möchte ich es klar auf den Punkt bringen: Ein Personalberater ist dann erfolgreich, wenn er sich so ausführlich mit dem Kunden und seiner Arbeitgebermarke (insbesondere Werte und Unternehmenskultur) auseinander gesetzt hat, dass er passgenaue Lösungen anbieten kann. Letzten Endes muss auch der Personalberater eine authentische und glaubhafte Marke für sich und seine eigenen Dienstleistungen haben. Wenn beides zusammenkommt entsteht Vertrauen und im zweiten Schritt eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung.

Vielen Dank Ina, Henrik und Stefan für eure Mühe und die Teilnahme an meinem Interview!