Es gibt sie doch – die kleinen, innovativen Start-Ups, die sich freiwillig in das Haifischbecken HR-Branche stürzen. Wie bereits vor einigen Tagen angekündigt, starte ich heute meine Interview-Serie „Start-Ups in der HR-Branche“. Heute interviewe ich Christoph Skrobol und widme mich der Entstehungsgeschichte von Careerdate – von der ersten Idee, über die Finanzierung bis hin zum (bisher sehr erfolgreichen) Launch.
Besonders die unkonventionelle aber ungemein erfolgreiche Idee der Finanzierung machen diese Gründung besonders interessant in der Betrachtung. Danaben folgt natürlich die Frage nach dem ultimativen Tipp für potenzielle Gründer in der HR-Szene.
Aber nicht nur das – schaut selbst.
Tim Verhoeven: Erzähl uns kurz, wie es dazu kam, dass du Careerdate ins Leben gerufen hast.
Christoph Skrobol: Die Careerdate-Geschichte begann Anfang September 2013. Ich hatte gerade meinen alten Arbeitgeber verlassen, bei dem ich mich 4 Jahre lang mit dem Thema Marktforschung im HR-Bereich beschäftigt habe. Ich hatte also eine recht klare Vorstellung davon, welche Wünsche und Anforderungen Kandidaten haben. Der Wunsch nach Transparenz und besserer Erlebbarkeit des Arbeitgebers stand dabei hoch auf der Liste.
Ich stellte mir also die Frage, wie man Kandidaten und Unternehmen dabei helfen kann sich wirklich kennenzulernen und erlebbar zu werden. Schnell wurde mir klar, dass dies im Grunde nur über persönliche Treffen möglich ist. Begegnungen zwischen Mitarbeitern und Kandidaten. Also von Mensch zu Mensch, nicht von Mensch zu Unternehmen. Gespräche auf Augenhöhe und zwar mit dem Fachbereich, nicht nur mit HR. Die Idee gefiel mir und ich wollte den Gedanken auf jeden Fall weiterverfolgen. Also sprach ich mit befreundeten Gründern in Stockholm. Das Feedback war positiv. So positiv, dass wir uns entschlossen dem Ganzen ernsthaft eine Chance zu geben. Mit 2 Partnern gründete ich also noch im gleichen Monate die Firma. Ein Vorgang der in Schweden glücklicherweise sehr effizient und stressfrei ist.
Der nächste Schritt war im Rückblick entscheidend für den Erfolg. Und zwar wollten wir vor Entwicklung der Plattform Feedback vom Markt einholen. Eine Idee ist nämlich nur so viel wert, wie sie auch Zuspruch und Kaufbereitschaft im Markt findet. Diese Information so früh wie möglich zu besitzen, ist meiner Meinung nach enorm wichtig für Startups.
Also buchte ich rund 30 Meetings mit Unternehmen in Deutschland. Die Tour dauerte 3 Wochen und darf getrost als kräftezerrend bezeichnet werden. Aber es hat sich gelohnt! Erst das Feedback und die Ideen der Unternehmen haben uns geholfen Careerdate so zu gestalten, dass das Konzept am Markt funktioniert. Darauf folgte die Crowdfunding-Kampagne im Januar und Februar 2014 über die wir uns erfolgreich vorfinanziert haben. Aber dazu später mehr.
Die Entwicklung der Plattform nahm dann etwa 2 weitere Monate ein. Mitte Mai 2014 war es dann soweit. Wir gingen – zunächst still und heimlich – online. In der ersten Woche ging es darum die Seite mit unseren Kunden und den Kandidaten zu testen und die „Kinderkrankheiten“ auszubügeln. Mittlerweile läuft alles so wie es soll, sodass wir die Careerdate nun stärker vermarkten können.
Tim Verhoeven: War es von Anfang an der Plan, das Portal zu kommerzialisieren? Hattest du von Anfang an einen Business-Plan?
Screenshot der Careerdate-Website
Christoph Skrobol: Ja, der Punkt der Kommerzialisierung spielte von Anfang an eine Rolle. Auch da man ein solches Portal nicht nebenbei betreiben kann. Ziel war es, ein sich tragendes Konzept zu entwickeln, das gleichzeitig leicht skalierbar ist. Ich denke das ist uns mit Careerdate ganz gut gelungen.
Nun zum Thema Business-Plan. Ich bin kein großer Fan von „klassischen“ Business Plänen, zumindest nicht in der Startup-Phase. Da zu diesem Zeitpunkt wichtige Informationen fehlen, setzt man oft zu viele Annahmen und macht Prognosen mit sehr kurzer Halbwertszeit. Das mag zwar in einigen Fällen unvermeidbar sein. So kommt man beim Investoren-Pitch häufig nicht um einen solchen Plan herum. Für uns machte ein detaillierter Business-Plan aber wenig Sinn.
Vielmehr stellten wir uns die Fragen:
Welches Problem lösen wir und wie machen wir das am effektivsten?
Wer sind unsere Kunden und User und wie erreichen wir beide Gruppen?
Das hat am Anfang ausgereicht um eine Richtung vorzugeben. Danach galt es flexibel zu sein und sich an das Feedback (der Unternehmen und Kandidaten), sowie an die „Realität“ anzupassen. Mit diesem Konzept fahren wir bislang recht gut.
Tim Verhoeven: Wie hast du dich am Anfang über die Runden gehalten insb. als erste Mitarbeiter eingestellt wurden und die ersten regelmäßigen Kosten auftraten?
Christoph Skrobol: Wir hatten das Glück, dass es uns gelungen ist vor Anfall von hohen Kosten (Entwicklung der Plattform, Vermarktung, etc.) ein Finanzpolster aufzubauen. Und zwar hatten wir uns dazu entschieden eine Crowdfunding-Kampagne mit Unternehmen zu starten.
Jeder Arbeitgeber dem das Konzept gefiel und der von Anfang an dabei sein wollte, hatte die Möglichkeit sich an den Entwicklungs- und Vermarktungskosten zu beteiligen. Im Gegenzug gab es für diese Pionier-Unternehmen ein Jahres-Abo sowie Mitspracherecht bei Zielgruppe und Ausgestaltung der Plattform. Das hat wunderbar geklappt. Wahrscheinlich auch, da Crowdfunding im HR-Bereich noch nicht sehr verbreitet ist. Der Neuigkeitsfaktor hat uns definitiv in die Karten gespielt.
Tim Verhoeven: Welche unternehmerischen Meilensteine gab es bei dir?
Christoph Skrobol: Die wichtigsten Punkte hatte ich ja bereits angesprochen. Hier nochmal ein chronologischer Überblick:
September 2013 – Gründung der Firma
November 2013 – Erste Feedback-Runde mit Unternehmen und Start der Entwicklung
Februar 2014 – Erfolgreicher Abschluss der Crowdfunding-Kampagne
Mai 2014 – Go-Live von Careerdate.net
Tim Verhoeven: Gibt es Dinge, die du im Nachhinein anderes machen würdest?
Christoph Skrobol: Im Nachhinein findet man viele kleine Dinge, die man vielleicht hätte anders machen sollen. Allerdings würde ich nichts Grundlegendes anders tun. Die einzige Sache, mit der ich früher hätte anfangen können, ist die Anbahnung von Partnerschaften und PR.
Eine wichtige Lektion für mich war, dass Dinge mehr Zeit in Anspruch nehmen als erwartet. Viele von uns sind Zeitoptimisten. So ungeduldig man am Anfang auch ist, manche Dinge dauern einfach. Einen Puffer sollte man von daher fast immer einbauen.
Tim Verhoeven: Ich behaupte, dass es im deutschsprachigen Raum nur wenige HR-Startups mit klarem Differenzierungsfaktor gibt – ihr seid da eine sehr angenehme Ausnahme. Deckt sich das mit deinen Erfahrungen und was sind deiner Meinung nach die Gründe?
Christoph Skrobol: Die Frage ist tricky 🙂 Zunächst freut es mich natürlich, dass du uns zu den Startups zählst, die sich von der Masse abheben. Das schmeichelt uns.
Ich denke es gibt eine Reihe interessanter junger Unternehmen, die mit neuen Ideen auf den Markt drängen. Allerdings ist klar, dass man ein höheres Risiko eingeht wenn man sich außerhalb der etablierten Pfade bewegt.
HR-Abteilungen sind vielleicht nicht dafür bekannt die Innovations-Treiber im Unternehmen zu sein – auch wenn es hier natürlich Ausnahmen gibt, keine Frage! Neue Ansätze, die mitunter ein Umdenken und Umstrukturieren bedeuten, werden von vielen erst einmal beobachtet. Es ist also nicht ganz einfach mit neuen Ideen im Markt Fuß zu fassen. Das mag der Grund sein, warum einige lieber auf Bewehrtes setzen oder nur kleine Variationen in Ihre Produkte und Dienstleistungen integrieren.
Aber wie gesagt, ich sehe den Wandel langsam kommen. Mehr und mehr HR-Abteilungen fassen den Mut neue Dinge auszuprobieren. Das wiederum ermutigt Gründer etwas mehr „out of the box“ zu denken. Ich vermute, dass wir in Zukunft mehr interessante Konzepte am Markt sehen werden.
Tim Verhoeven: Was würdest du einem Absolventen raten, der ein Startup in der HR-Branche gründen möchte?
Christoph Skrobol: Zunächst würde ich sie / ihn absolut dazu ermuntern in der HR-Branche zu gründen. Der Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Viele Sachen ändern sich und wir stehen vor großen Herausforderungen. Teil dieses Prozesses zu sein ist unglaublich spannend!
Mein Tipp ist, sich gleich zu Beginn Feedback von möglichen Kunden zu holen. Nur so weiß man, ob man mit seinem Produkt auf dem richtigen Weg ist. Im Zweifelsfall spart man sich viel Arbeit und die Enttäuschung nach dem Launch. Hilfreich ist es auch, sich früh nach Partnern umzuschauen. Das können etablierte Dienstleister, Blogger, Verbände oder Universitäten sein. Indem man eine gute Partnerschaft angeht, muss man nicht von Null anfangen. Das hilft gerade am Anfang ungemein.
Mein letzter Ratschlag lautet geduldig zu sein. Es braucht eine Weile bis neue Konzepte die Unternehmen erreichen und dort auch angenommen werden. Manchmal mahlen die Mühlen etwas langsamer. Davon sollte man sich aber nicht entmutigen lassen.
Der Recruiting Nerd Gründer. Mehr als zehn Jahre Erfahrung im Recruiting. Blogger, Speaker und Fachautor zu den Themen Candidate Experience, Recruiting Analytics, Trends und Digitalisierung im Recruiting.
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