Die ersten spannenden Interviews über viasto und careerdate habe ich schon gebloggt und als dritter Teil meiner Serie folgt ein weiteres Highlight. Heute habe ich das Vergnügen einen der Überflieger der Startups in der HR-Branche zu Interviewen – Ali Mahlodji – Gründer und CEO von WHATCHADO. Sollte es tatsächlich HRler geben, die weder Ali noch WHATCHADO kennen, dann empfehle ich hier dringend HIER zu schauen. Ich habe Ali das erste mal live auf dem Net(t)working-Event von Henner Knabenreich getroffen und war von seiner Live-Performance und seinem Konzept hin und weg. Auch aus unternehmerischer Perspektive ist dieses Startup sehr interessant – schaut selbst:
Tim Verhoeven: Erzähl uns kurz, wie es dazu kam, dass ihr whatchado ins Leben gerufen habt.
Ali Mahlodji: WHATCHADO enstammt einer Kindheitsidee von mir und war als Handbuch der Lebensgeschichten gedacht, auf dem jeder Mensch kurz und knackig anhand eines 4-Augensgesprächs über Beruf, Werdegang und Lebenserfahrung spricht. Vor knapp 3 Jahren habe ich eine Kamera geschenkt bekommen und mit meinem Kindheitsfreund Jubin begonnen, aus der Idee ein Konzept zu machen. Mai 2011 haben wir dann für die Idee den internationalen Social Impact Award gewonnen und Ende Juni 2011 mit 17 Videos und einem gemeinnützigen Verein gestartet. Zu dieser Zeit hatten wir nicht mal ein Business-Modell, sondern haben die Plattform quasi für uns selbst gemacht und auch selbst finanziert.
Am Tag des GoLives hat das staatliche Fernsehen (ORF) einen 2,5 Minuten TV-Bericht gebracht, der Österreich-weit ausgestrahlt wurde:
Danach gings rund und innerhalb von 72 Stunden haben sich 5 Unternehmen gemeldet, die mit ihrem Mitarbeitern bei uns vertreten sein wollten. Da haben wir beschlossen, dass es Sinn macht, unsere bisherigen Jobs hinzuschmeissen und die Idee größer zu machen. Im Januar 2012 haben wir ein Unternehmen gegründet und alle Personen, die davor ein Jahr lang ehrenamtlich mitgearbeitet haben, mit ins Unternehmen genommen. Heute haben wir über 1800 Lebensgeschichten online (über 2500 gedreht), von denen 50% bei Kunden gedreht wurden, haben über 30 Mitarbeiter und sind nach Österreihc mittendrin in Deutschland. Es ist unser Ziel, die größte Plattform in deutschsprachigen Raum zu werden, auf der man sich informiert, wenn es um die Frage geht, welche Karrierewege es da draußen gibt. Wobei wir Karriere immer als die Mischung aus Beruf, Ausbildung und Lebenserfahrung sehen. Wir haben gesehen, dass die Idee auch international sehr gut ankommt – erst letztes Jahr hat uns die UNO mit dem World Summit Award ausgezeichnet und wir haben neben dem HR Innovations Slam Award für die DACH-Region auch den Deutschen Online-Kommunikationspreis gewonnen. Gerade eben waren wie in Dubai bei der größten HR Konferenz Asiens als großer Partner mit vor Ort, um das Thema Storytelling und Employerbranding aus Expertensich vorzustellen. Unsere Zielgruppe: 13 – 19 Jahre alt: 23% 20 – 25 Jahre alt: 44% 26 – 34 Jahre alt: 21% 35+: 12% Konzipiert hatten wir die Plattform für ab 14-jährige, aber der Andrang der Menschen nach dem Abitur hat uns selbst überrascht.
Tim Verhoeven: War es von Anfang an der Plan, das Portal zu kommerzialisieren? Hattest du von Anfang an einen Business-Plan?
Ali Mahlodji:Ganz am Anfang hatten wir einen ehrenamltichen Verein, in dessen Statuten sogar
drinnen stand, dass wir keine Gewinne machen. Wir hatten auch beim GoLive keinen Businessplan oder sonstige Pläne – wir hatten ja alle Jobs, in denen wir gut verdienten. Erst als sich die ersten Unternehmen meldeten und unbedingt dabei sein wollten, hat sich gezeigt, dass wir auch einen starken Need für Unternehmen füllen und hier vielleicht unsere Kindheitsidee zu unserem Job machen können. Wir haben das lange hinausgezögert, haben aber dann schlussendlich doch beschlossen, dass wir unsere Jobs kündigen und es mit einem nachhaltigen Businessmodell versuchen.
Tim Verhoeven: Wie habt ihr euch am Anfang über die Runden gehalten insb. als erste Mitarbeiter eingestellt wurden und die ersten regelmäßigen Kosten auftraten?
Ali Mahlodji: Anfangs habe ich alles selbst finanziert – das war schon recht hart, da ich damals echt an mein Existenzminimum gekommen bin. Nachdem sich erste Unternehmen gemeldet haben, hatten wir recht schnell Umsatz und durch dein Einstieg des Business Angels Johann „Hansi“ Hansmann waren wir liquide. Wir haben aber auch als STartUp jeden Cent dreimal umgedreht und haben gespart, wo es ging. Die ersten Mitarbeiter haben wir alle in kleinem Umfang angestellt und dann – als mehr Kunden dazukamen – aufgestockt. Was wir definitiv unterschätzt hatten, waren die Dienstgeberabgaben, die man bei jedem Mitarbeiter noch extra bezahlen muss. Da haben wir oft geschwitzt, als wir Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bezahlen mussten 🙂
Tim Verhoeven: Welche unternehmerischen Meilensteine gab es bei euch?
Ali Mahlodji: Hier die wichtigsten Highlights
- 30.05.2011: Gewinn Social Impact Award (weltweites Communityvoting) für das beste Konzept
- 27.06.2011: GoLive von whatchado.net mit 17 Videos und TV Bericht in den Nachrichten
- 05.07.2011: Signing erster WHATCHADO Kunde
- 04.10.2011: Nominierung unter die Top50 StartUps Europas bei der StartUp Week 2011 und Einstieg von Business Angel Johann „Hansi“ Hansmann
- 02.01.2012: Gründung whatchado GmbH * 2012: Gewinn einiger Awards und Teamaufstockung auf 14 Personen
- 01.12.2012: Signing erster deutscher Kunde (Deutsche Bahn)
- 2013: – Gewinn UNO World Summit Award – Deutscher Preis für Onlinekommunikation – Gewinner Staatspreis für Bildung und Wissen – Ernennung Ali Mahlodji zum EU Jugendbotschafter – Gewinne HR Innovationslam Award DACH Region – Gewinner Österreichischer Nachhaltigkeitspreis für Social Entrepreneurship – 27 Mitarbeiter
- 2014: – Jänner: Einstieg der Business Angels Brigitte Ederer (Ex-Siemens Vorstand) und Claus Raidl (Präsident Österreichischer Nationalbank) und offizieller Start Internationalisierung – +30 Mitarbeiter – +2500 Stories aus 5 Kontinenten von +100 Nationalitäten
Tim Verhoeven: Inwieweit hast du dich beraten lassen zu den ganzen „Formalitäten“ einer Gründung?
Ali Mahlodji:Um ehrlich zu sein, haben wir einfach mal getan und als wir erst Einnahmen hatten, haben wir uns um diese Themen gekümmert. In dieser Phase war es uns aber wichtig, mit erfahrenen Gründern zu sprechen – das hat das Ganze erheblich erleichtert. Im Grunde ist die wichtigste Aussage: Steuerberater, Anwalt und eine Prise Naivität waren das Wichtigste.
Tim Verhoeven: Wie schwer war es, den eigenen sehr schnellen Wachstum zu stemmen?
Ali Mahlodji: Bei uns war es relativ einfach, weil wir von Anfang an in vielen Medien rauf und runter gespielt wurden. Wir hatten vor der Gründung schon ein großes Netzwerk aufgebaut, dass uns beim Hiring der ersten 1,5 Jahre extrem entgegen gekommen ist. Unser Problem war eher das schnelle Wachstum, weil wir so viele gute Bewerbungen erhielten und die guten Personen unbedingt halten wollten 🙂
Tim Verhoeven: Du hast als „Team“ gegründet – wie war eure Aufgabenverteilung?
Ali Mahlodji: Am Anfang macht wirklich jede/r alles und jede/r kann jeden Handgriff. Mit Zunahme der Komplexität wurden aber Rollen notwendig, was aber nicht bedeutete, dass nicht immer noch alle für alle einspringen konnten. Bei einem StartUp ist es sehr wichtig auf die Individualität der Mitarbeiter zu setzen, weshalb es teilweise logisch war, wer was macht. Um ehrlich zu sein, änderte sich aber bei wirklich jeder Person alle 2 Wochen der Job, weil wir immer wieder mit Dingen konfrontiert wurden, die wir bis dato zum ersten Mal gemacht haben. Es hat fast ein Jahr gedauert, bis wir Founder eine Aufteilung zwischen uns hatten 🙂
Tim Verhoeven: Gibt es Dinge, die du im Nachhinein anderes machen würdest?
Ali Mahlodji: Im Nachhinein ist man immer klüger 🙂 Was ich definitiv anders machen würde, ist die Auswahl von Kooperationspartnern. Wir hatten 2013 den Fall, dass unser – bis dahin engster – Kooperationspartner hinter unserem Rücken an einem Gegenprodukt arbeitete und uns ausspionierte. Aber damals hätten wir das nicht wissen können, vielleicht waren wir da etwas zu blauäugig – aber im Endeffekt hat uns das dazu gebracht, unsere Stärken besser zu verstehen. Wir hätten sicher auch von Anfang an größer denken müssen – wir haben immer erst durch Input von außen gesehen, dass wir unsere Grenzen noch gar nicht ausgenutzt haben. Aber auch das ist ein Lernprozess, bei dem wir zuerst zu vorsichtig waren.
Tim Verhoeven Ich behaupte, dass es im deutschsprachigen Raum nur wenige HR-Startups mit Differenzierungsfaktor gibt – ihr seid da eine sehr angenehme Ausnahme. Deckt sich das mit deinen Erfahrungen und was sind deiner Meinung nach die Gründe?
Ali Mahlodji: Wir sehen das genauso und ich denke, der Grund liegt – zumindest bei uns – klar auf der Hand. Unser Plan von Tag eins war nicht, irgendein Business-Modell aufzustellen, dass massig Umsatz macht und dann erst Usern hilft. Wir haben den Spieß umgedreht, in dem wir – unabhängig von Businessplänen oder sonstigen Unternehmensanforderungen – versucht haben, ein massives Problem von Menschen zu lösen; in diesem Fall die Frage zu beantworten, was man aus seinem Leben machen kann und was sich hinter Berufen versteckt. Erst im zweiten Schritt haben wir dann die Monetarisierung ins Spiel gebracht und sich unserem Prinzip bis heute treu geblieben. Ich denke, dass es da draußen wenige Plattformen gibt, die ihren Prinzipien treu bleiben, bzw. überhaupt welche haben. Das ist gar nicht böse gemeint, sondern teilweise logisch, wenn man rein Markt-fokussiert eine Plattform launched.
Tim Verhoeven: Was würdest du einem Absolventen raten, der ein Startup in der HR-Branche gründen möchte?
Ali Mahlodji: Ich würde ihm/raten, Finder weg 🙂 Kleiner Scherz 🙂 Es gibt eine Sache, die viele andere vergessen:
- Techniken der Berufsfindung in der HR BRanche haben sich seit 10 Jahren nicht verändert – hier auf jeden Fall als Angreifer disruptiv in den Markt rein.
- Immer!!! darauf achten, dass Problem der Bewerber und Suchenden zu lösen – hat man das mal geschafft, löst man damit auch direkt Probleme von Unternehmen
- Dicke Haut zulegen – die HR Branche hat – im Gegensatz zu anderen Branchen – vielleicht von zu viele alte Krusten, obwohl sich deren Zielgruppen ständig weiterentwickeln.
- Sich immer bewusst sein, dass – wenn man seinen Job als HR StartUp gut macht – man im Schicksalsbusiness von Menschen ist, denen man dabei hilft, einen Teil ihres Lebens im richtigen Job zu verbringen.
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