Nach meinen Vorträgen zum Thema Recruiting Analytics werde ich immer mit vielen Fragen bombardiert. Eine der Fragen ist immer – wer ist genau der Anbieter, der mit euch zusammenarbeitet. Um diese Frage etwas ausführlicher zu beantworten, habe ich mir die Zeit genommen, Christian Schrader zu interviewen. Christian ist nicht nur eine Koriphäe im Bereich E-Commerce, sondern auch Gründer und CEO der HRI Solutions GmbH. Der Allzweckwaffe im Bereich Recruiting-Analytics, wie ich sie gerne nenne 😉


Tim Verhoeven: Hallo Christian, erzähle meinen Lesern doch bitte kurz, wer du bist?

Christian Schrader: Mein Name ist Christian Schrader, ich bin Familienvater und Medieninformatiker der ersten Stunde, der erlebt hat, wie der digitale Handel Schritt für Schritt groß geworden ist. 1996 habe ich zusammen mit zwei guten Freunden einen der ersten Preisvergleiche gegründet und in den folgenden 17 Jahren erlebt, wie Auswertbarkeit, Benchmarking und möglichst automatisierte Optimierung des ROI im Online Handel immer wichtiger wurden. Jetzt übertrage ich diese Erfahrung und das aufgebaute Wissen auf das Thema Recruiting, wo es viele Parallelen gibt, aber auch klare Unterschiede.

Tim: Was genau macht dein Unternehmen – die HRI Solutions GmbH?

Christian: Wir existieren nun seit 3 Jahren – sind also noch unter den Begriff StartUp zu betrachten – und beschäftigen uns mit Schnittstellenthemen zwischen Tech und Recruiting. Darunter fallen unter anderem Recruiting Analytics, Automation (automatisierte Performance-Alerts) und Data-Driven- Recruiting (Datenbasiertes Kampagnenmanagement). Die meisten von uns haben einen Hintergrund aus den Bereichen E-Commerce, Performance-Marketing o.ä. und dazu Recruiting-Know- How.

Tim: Welchen Mehrwert haben Unternehmen, wenn sie eure Recruiting Analytics Lösung nutzen?

Christian: Das Kernargument für eine Recruiting Analytics Lösung ist Transparenz. Viele Unternehmen geben – gefühlt – Unsummen für Recruiting-Kanäle aus, ohne genau zu wissen, wie der ROI aussieht. Hier helfen wir – und geben Unternehmen die Möglichkeit, wieder Herr über deren eigene Recruiting-Kanäle zu werden. Ganz konkret kann man durch uns genau messen, welcher Bewerber über welchen Kanal kommt – dadurch abgeleitet kann man die Kosten pro Bewerber, Interview, Einstellung pro Kanal messen. Dadurch wird die individuelle Leistung von Jobbörsen transparent und vergleichbar.

Beispielhafte Analyse von Online-Kanälen inkl. Conversion Rate

Tim: Hand aufs Herz – die Jobbörsen müssen HRI doch hassen. Plötzlich werden sie messbar. Wie ist da deine Erfahrung?

Christian: Man sieht sehr deutlich, welche Jobbörsen Angst vor der Transparenz haben und welche hier offen sind und darin auch die Chance sehen, sich selbst zu optimieren. Im besten Fall kann eine Jobbörse von der Transparenz lernen, da sie ja vorher eben sowenig Transparenz hatten, wie gut deren Maßnahmen wirken. Bisher kann eine Jobbörse lediglich traffic messen – aber sie wissen nicht, wer sich tatsächlich bewirbt und wie gut dieser performt. Dazu müssten Sie ja einen Zugriff auf die Ergebnisse bei den Unternehmen haben. Auf der anderen Seite sieht man aber auch, dass es Jobbörsen gibt, die keinerlei Interesse an Transparenz haben – und das wohl aus gutem Grund.

Kummulierte Betrachtung aller Jobs in einer Job-Matrix

Tim: Woran erkenne ich als Recruiter denn, ob eine Jobbörse hier transparent ist oder nicht?

Christian: Das ist momentan noch nicht von Außen zu erkennen – man erkennt es in dem Moment, wenn wir mit den Jobbörsen sprechen und mit denen versuchen zusammenzuarbeiten. Bisher hat aber noch keine Jobbörse komplett zu gemacht. Zukünftig könnte ich mir vorstellen, dass Jobbörsen sich auch im Sinne der Transparenz zertifizieren lassen – also eine Art Bescheinigung, dass sie ihre Daten sauber auslesen lassen, im Bereich Reporting kooperieren und selbst auch noch Meta-Daten zuliefern. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

„Wir bieten mittlerweile ein breites Trainingsportfolio an, da wir gemerkt haben – der Bedarf im Recruiting ist groß.“

Tim: Das klingt sehr interessant – aber nun zu einem andren Thema: Ihr bietet auch Trainings und Beratungsleistungen an – was versteckt sich dahinter?

Christian: Das Thema Training war ehrlich gesagt überhaupt nicht geplant – sondern hat sich auf vielfachem Wunsch von unseren Kunden ergeben. Es gibt eine Vielzahl von Recruitern, die sich gerade mit den Themen Big Data, Analytics etc. beschäftigen wollen – aber es fehlt das Know-How. Um diese Lücke schnell mit Wissen aufzufüllen bieten wir unsere Praxistrainings für Einsteiger und Fortgeschrittene an. Unser Portfolio ist breit – vom allgemeinen Recruiting-Analytics- Basis-Training bis hin zu einzelnen Modulen, wie man Google-Analytics oder Tableau möglichst sinnvoll im Recruiting nutzen kann.

Tim: Das bringt mich zu einer meiner Lieblingsfragen: Wie tech-affin oder -begabt ist denn deiner Erfahrung nach der typische Recruiter?

 „Alleine es fehlt noch das richtige Handwerkzeug bei vielen Recruitern.“


Christian: Puh – das ist keine einfache Frage. Es gibt ein paar wenige Recruiter, die ich bisher kennenlernen durfte, die wirklich weit bei solchen Themen sind. Es gibt überraschend viele Recruiter, die sich gerade mit hohem Interesse mit diesen Recruiting-Tec-Themen beschäftigen. Alleine es fehlt das richtige Handwerkszeug. Welcher Recruiter ist bewandert im Umgang mit Tableau oder vergleichbarer Software? Schätzungsweise nicht einmal 1 % – was auch sicherlich an der Fülle der Aufgaben liegt, die Personaler heute bewältigen müssen. Zusammengefasst: Das Interesse ist gewachsen – beim Know-How ist noch viel Potenzial. Und dabei ist Recruiting Analytics erst der Anfang.

Tim: Was würdest du einem Recruiter raten, der Interesse hat, sich mit den Themen zu beschäftigen und eine Recruiting Analytics Lösung einführen möchte?

Christian: Auf unsere Website gehen und einen Telefontermin mit uns vereinbaren *lach* Nein, im Ernst: die erste Frage ist – was möchte ich überhaupt erreichen. Erst dann kann er erkennen, ob unsere Lösung überhaupt das ist, was er benötigt. Die zweite Frage ist, ob er die kritische Masse hat, damit sich der Business Case lohnt. Mit 50 Bewerbungen und 1 Einstellung pro Jahr ist es wenig wirtschaftlich. Je höher die bisherigen Kosten für Jobbörsen und andere Kanäle, desto einfacher rechnet sich der Case. Wer mehr als 100 Bewerbungen pro Monat im Durchschnitt bekommt, hat eine solide Datenbasis mit der wir arbeiten können und bei der es sich lohnt.

Tim: Vielen Dank für deine Zeit!